Das 74. Berlinale Papier

Inspiriert vom größten Publikumsfestival der Welt, das hier gerade vor der Haustüre stattfindet

74. Berlinale Papier


Die Berlinale 

.. bekommt endlich auch noch ihren Eintrag ins Logbuch. Wurde auch höchste Zeit. Der R** Log will ja 

schließlich Geschehnisse auf seinem Zeitstrahl dokumentieren, und da darf die 74. Berlinale nicht fehlen. 


Sehr unterschiedliche Talente 

Der Nachmittag begann heute mit einem Sprung ins Festival, direkt hinein in die „Berlinale Talents“. Hier wird das Verhältnis von Making-Of und Film meist umgekehrt, sprich: Leute kommen auf die Bühne und erzählen von ihren Film und zwischenrein schaut man sich gemeinsam noch ein paar Szenen daraus an. Bei den beiden Veranstaltungen heute zeigte sich einmal mehr, wie vielseitig so ein Festival sein kann, und damit auch Film an sich: Von den Zellner Brothers (Sasquatch Sunset) mit ihrer Erkenntnis, dass man in einem Bigfoot-Kostüm recht einfach in seine Rolle (als Bigfoot) finden kann, hin zur Frage, wie Film ins Museum kommt und umgekehrt mit den grenzüberschreitenden und oft sehr ruhigen Filmen des taiwanesischen Künstler/Regisseurs Tsai Ming-liang.


Ein langer Moment

Es sollte ja eigentlich nur ein einziger Logeintrag sein: Den Moment festhalten, in dem die Berlinale wieder einmal die Tore öffnet (zur Definition des Moments siehe auch angloamerikanisches Maßsystem in Log 43). Aber ein internationales Filmfestival vor der Haustüre zu haben ist schon etwas Besonderes, und da braucht es dann doch etwas mehr als nur einen „Blip“ auf der Zeitlinie. Film ist zu wichtig und zu magisch .. und überhaupt .. also her mit den Festival-Logs!


Im Schneideraum 

Die beiden Cutter Susan Korda und Gyula Gazdag sprechen im Hebbel am Ufer (HAU) über Erfahrungen, Beobachtungen, Strategien im Schneideraum und am Filmset. Hier entsteht gerade der Log dazu .. ein paar Soundbites aus Ps Notizen, hier zu Gazdags Frühwerk Sípoló macskakő von 1971 in Schwarzweiß: „Die Gesichter in dieser Anfangsszene werden den Film (re-)präsentieren“ .. die Story als  zentraler Punkt: „Was braucht die Story?“ .. „Den Mut haben, der Story zu folgen und dafür auch neue Wege einzuschlagen“ .. „Jede Story schreibt ihre eigenen Regeln“ .. „Kill your Darlings!“ — wenn die Lieblingsszenen in der Mülltonne landen, weil sie die Story nicht voranbringen und/oder Charakteren nichts hinzufügen können  .. „Das Publikum beim Screening zu beobachten ist mehr wert, als die Erklärungen und Kommentare nach dem Film“ (nicht böse gemeint!) — “das Problem mit den akademischen Entscheidungen“ — wenn es bei Editing-Entscheidungen auf den Bauch ankommt  .. TBC .. 










No Marty Today .. 

Es war ein dickes Brett, das da gebohrt werden musste, und am Ende war der Bohrer heiß geworden, die Spitze verformt, im Holz steckengeblieben. In das „Berlinale Talents“ Event mit Martin Scorsese war kein Reinkommen. Marty ist eben einer von den ganz Großen — da braucht es noch mehr Glück, um an Karten zu gelangen, und es war gerade keins da. Jetzt muss die Phantasie einspringen. Eine gute Gelegenheit für einen Rückblick. Ohne Ps Ego in irgendeiner Form streicheln zu wollen, aber er hat sie über die Jahre hinweg (fast) alle dort auf der großen Theaterbühne des Hebbel am Ufer das Publikum streicheln sehen: Ang Lee, Walter Murch, Paul Verhoeven, Michael Ballhaus, Wim Wenders, André Téchiné, Thomas Vinterberg, Christo und Jeanne-Claude, Cate Blanchett, Charlotte Rampling, Willem Dafoe, John Malkovich, Geraldine Chaplin (so in etwa in chronologischer Reihenfolge). Wir kennen sie vom Silver Screen oder aus Making-Ofs, Büchern, von Fotos, sie leben da oben im Film-Olymp. Ging es hier auf der Theaterbühne einfach nur darum, die Götter live zu sehen? Es ging meist um sehr viel mehr. Eine Zusammenspiel von Publikum, den Darstellern auf der Bühne mit ihren Schwenks aus der Filmgeschichte, dem Filmfestival an sich, die Faszination für das Kino, das uns alle verbindet .. wir kommen vor der Leinwand zusammen, so wie wir es früher um das Lagerfeuer getan haben. Das Ganze hat etwas magisches, mystisches. Die Treffen im Hebbel sind anders als die, in denen die gleichen Zauberer die Vorführung ihres Films besuchen oder auf Pressekonferenzen sprechen. Es ist flüchtig und praktisch zugleich, eine moderierte Diskussion über Film, Kunst und Leben. 


Variante 2 

Ich hatte zwei Versionen für den Martin Scorsese Gig vorbereitet, so wie es Redenschreiber manchmal für bevorstehende historische „Momente der Wahrheit“ machen müssen, um mit den richtigen Worten auf Ausgang A oder B vorbereitet zu sein. Meine Idee war, die „Ich bin nicht reingekommen“ Variante am Tag des Events (also gestern) zu loggen, um dann am Folgetag (also heute) das Geheimnis der beiden Varianten mit einem „Tadaaa! Ich war doch da!“ zu lüften. Ich habe vor Ort mein Glück versucht, bin auch fast reingekommen, aber eben nur fast. Hm. Plan kaputt. Das hier wäre Variante 2 gewesen: „Es war ein dickes Brett, dass da gebohrt werden musste, und siehe da — es hat geklappt: Martin Scorsese live, ein historischer Moment ..“ Das klingt jetzt sehr dramatisch, aber Marty ist ja schon eine lebende Legende.


Durchs Filmuniversum navigieren  

Martin Scorsese scheint die Berlinale Logs zu kapern. Diesmal inspiriert von einer Frage eines brasilianischen Journalisten zur Rolle der Filmkritik in Zeiten unendlich sprudelnder „Social Media“ (..) Posts. Über all die Jahrzehnte wurde viel über den Tod des Kinos gesprochen, was ist mit dem Tod der Filmkritik? Jahr für Jahr wurde das Kino bis in seine ersten Gehversuche für viele Menschen sichtbarer und zugänglicher, jedes Jahr kamen neue Filme aus allen Erdteilen hinzu, und jetzt jetzt haben wir den Salat .. blicken auf 100 Jahre Kino zurück. Wohin schauen? Was schauen? Es braucht Filmkritiker mit einem originellen Standpunkt, die auch in der Lage sind, Filme und Filmemacher zu kuratieren, Filmkritiker, die einer jungen Generation von Zuschauern zeigen können, wohin sie schauen können .. die ihnen dabei helfen, die ersten Schritte zu gehen ..  


Die Story

„Alles für die Story“ .. ist das, was so viele Gespräche auf der Berlinale bestimmt hat .. egal, ob es um eine mystische Story wie bei den Zellners ging, um harte Geschichten von der Straße oder in irgendwelchen dunklen Ecken und Hinterzimmern wie bei Scorsese, oder um skurrile und rebellische Momente wie bei Gazdag und Korda (Log 51). Was mich zur Frage gebracht hat: Welche Story wird hier eigentlich bei R** erzählt? Entsteht die Story hier trotz, mit oder durch den ständigen Blick hinter die Kulissen, den Making-Of-Perspektiven wie dieser hier? Welche Charaktere kommen nach und nach dazu? 


Die Filmstrecke geht den Sasquatches zu Ende

Das war sie, Ps kleine Festival-Reihe für dieses Jahr. Völlig unvollständig und individuell, das hat P für den R** Blog aus dem Programm gefischt. Durch Zufall oder qua Bestimmung sind dabei drei Stränge entstanden: 


>> Das Spiel mit der Grenze zwischen Kino und Kunst — inspiriert vom Event des Taiwanesen Tsai Ming-liang, ein teils intellektueller, teils präzise kalkulierender, teils forschender Umgang mit Film, dann .. 


>> Die „Seele des Kinos“ mit dem Besuch von Martin Scorsese auf Berlinale. Martin — ein Bolide, für R** vielleicht eher ein Meteorit, der so alle zwei, drei Jahre die Umlaufbahn kreuzt und im Vorbeiflug zu bestaunen ist. Immer und immer wieder eine tolle Inspiration, und eine Erinnerung, seine wichtigsten Filme (oder am besten gleich alle) nochmal zu schauen. Also dann bis zum nächsten „near miss“ und „last but not least“ ..


>> Der „Just do it!“ bzw. „Learning by doing approach“ der Zellner Brothers (das waren jetzt genug Anglizismen für heute) .. ein P sehr vertrautes Vorgehen, um Film (und fast alles andere auch) zu erkunden — die beiden Brüder mit ihrem Interesse für Mythen und Sagen, egal ob alt oder neu, hier auf der Berlinale mit ihrem Film über eine Bigfoot Familie (PS. in Nordamerika und Kanada „Sasquatch“ genannt) .. der Film passend zur Gesprächsrunde von Log 49 .. mit ihnen geht für P heute am Sonntag die Berlinale zu Ende.






























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